24.05.2022
Team

„Ich bleibe Frankfurter“

Aymen Barkok wechselt das Ufer, aber nicht seine Identität. Der Abschied hätte standesgemäßer nicht verlaufen können.

„Es war ‘ne schöne Zeit. Ich hoffe, man sieht sich wieder. Und ich kann... ja...“, dann versagte Aymen Barkok die Stimme, als er sich im Kreis der Kollegen verabschiedete. Wenige Worte des Eigengewächses, mit denen der 24-Jährige aber mehr ausdrückte als andere in einem Plädoyer.

Einen ganz anderen – und vor allem den bekannteren – Aymen bekamen am Donnerstagabend alle Anwesenden auf dem Römerberg zu Gesicht. Überschwänglich schrie der Mittelfeldmann, der im Sommer vom Main- ans Rhein-Ufer zum 1. FSV Mainz 05 wechselt, vom Balkon: „2018 DFB-Pokal, 2022 UEFA-Europacup-Sieger! Vielen, vielen Dank! Eines kann ich euch versprechen: Man sieht sich immer zwei Mal im Leben!“ Großer Applaus, große Gefühle für Barkok, der seit 2013 den Adler nicht nur auf der Brust, sondern auch im Herzen getragen hat. Unterbrochen einzig von einer zweijährigen Leihe zu Fortuna Düsseldorf von 2018 bis 2020.

Aymen Barkok kann den DFB-Pokalsieg 2018 kaum fassen.

Bis dahin war der Stern des Jungen aus der Nordweststadt schon aufgegangen. Genauer gesagt: Am 20. November 2016, als er nach seiner Einwechslung bei seinem Profidebüt in der 90. Minute den 2:1-Siegtreffer in Bremen erzielte.

„Damals waren die meisten Profis auf Nationalmannschaftsreise und Niko Kovac hat einige Spieler aus der Jugend zum Training dazu geholt. Wir haben im Anschluss direkt bei einem Testspiel gegen den FC Karben mitgespielt und 15:2 gewonnen. Ich kam nach 20 Minuten ins Spiel und habe direkt drei Tore gemacht. Nach dem Spiel kam Niko zu mir und hat mich gefragt, was ich eigentlich gerade so mache. Ich habe ihm dann erzählt, dass nächste Woche mein Studium anfangen soll und nachmittags das Training bei der Eintracht ansteht. Er meinte dann, dass ich ab morgen um 11 Uhr bei den Profis im Training dabei bin. So hat das angefangen“, erinnerte sich Barkok im vergangenen August im großen Adlerträger-Interview.

In Düsseldorf gereift, mit Marokko qualifiziert

Es folgten neben zwei Titeln insgesamt 63 weitere Spiele. Gerade das Intermezzo in Düsseldorf habe dem Deutsch-Marokkaner trotz oder gerade wegen anhaltender Verletzungsprobleme geholfen. „Insgesamt habe ich 16 Wochen pausiert. Aber ich bin seit Beginn meiner Leihe auch zwei Jahre älter und damit reifer geworden. Ich war in Düsseldorf erstmals auf mich alleine gestellt. Dadurch verändert sich die Denkweise, das hat mich prägt. Ich komme jetzt mehr zu Ruhe und weiß die Zeit zu schätzen, die ich habe“, erklärte er nach seiner Rückkehr 2020.

Angesichts dessen „hätte wohl niemand gedacht, dass ich nach zwei Jahren ohne Spielpraxis zurückkomme und bei der Eintracht 26 Bundesligaspiele mache“, reflektierte er die vergangene Saison im Klubmagazin „Eintracht vom Main“. Dass 2021/22 nicht mehr als sieben weitere Einsätze im deutschen Oberhaus dazukamen, liegt manchmal in der Natur des Leistungssports. Dass mit der Nummer 27 immer zu rechnen sein musste, bewies der Nationalspieler in diesem Jahr nicht zuletzt im Trikot Marokkos. Im Afrika-Cup stieg er nach Coronainfektion erst spät ins Turnier ein, war auf der Zielgeraden gefragt und spielte im verlorenen Viertelfinale 104 Minuten. Das 1:2 gegen Ägypten war Marokkos erste Niederlage überhaupt, wenn Barkok am Ball war – und in der 17. Partie auch erst in der Verlängerung. Einen kleinen Trost gab es dafür mit der gelungenen Qualifikation für die Weltmeisterschaft im kommenden Winter.

Ob dann Katar oder Marokko, wo Barkok gerne seine Großeltern und weitere Familie besucht, nun Bruchweg oder Nordi; eines wiederholt Barkok seit jeher und letztmals am Donnerstagabend auf dem Rathausbalkon: „Ich bleibe Frankfurter!“ Um nicht zu sagen: Du bekommst Aymen aus Frankfurt, aber Frankfurt nicht aus ihm.